Chronik einer Endomorphose,
06. November2000 Autos werden uns umhüllen
Ein Artikel aus der Online-Version der
Aaachener Zeitung vom 05. November 2000:
"Uni im Rathaus: Auf dem Weg
zum denkenden Auto
Aachen. Das Auto der Zukunft fährt völlig
selbstständig und unfallfrei. Im Rathaus entwarf
Professor Henning Wallentowitz, Inhaber des Lehrstuhls
für Kraftfahrzeugwesen an der RWTH ein faszinierendes,
aber auch realitätsnahes Szenario vom unfallfreien
Straßenverkehr.
Bereits heute können Autos selbstständig den
Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug
einhalten, die Fahrbahn wechseln, die Spur halten,
Hindernisse erkennen und sogar lenken und bremsen. Die
entsprechenden Technologien seien entwickelt und würden
zurzeit in Aachen erprobt.
Den Zuhörern im gut besuchten Krönungsaal zeigt
Wallentowitz Videosequenzen von Testfahrzeugen, die mit
Hilfe moderner Sicherheitstechnolgie über das Aachener
Kreuz navigiert werden. Andere Sicherheitssysteme, wie
ABS, die elektronische Einparkhilfe, Navigationssysteme
und EPS, ein System, dass ein Auto, welches umzukippen
droht, durch automatisches, gezieltes Bremsen auf die
Fahrbahn zurück holt, werden bereits serienmäßig in
Fahrzeuge eingebaut.
Verknüpfe man alle diese Funktionen mit einem zentralen
Rechner, hätte man bereits ein Auto, welches völlig
selbstständig fahren könne. Es sei lediglich eine Frage
der Zeit, bis die entsprechenden Systeme ausgereift
seien.
Gearbeitet wird zurzeit unter anderem an einem
Fußgängererkennungssytem und
Kommunikationstechnologien, die einen digitalen
Datenaustausch zwischen Fahrzeug und Verkehrssystemen
aber auch zwischen Fahrzeugen untereinander ermöglichen
werden. Es wäre also denkbar, dass Autos automatisch
gebremst werden, wenn die Geschwindigkeit über dem
zulässigen Tempolimit liegt.
Denkbar ist aber auch, dass sich die Fahrzeuge digital
und automatisch die Vorfahrt zuteilen, wenn sie sich in
einer nicht eindeutig geregelten Verkehrssituation
befinden. Die größte Hürde auf dem Weg zur Ausstattung
der Fahrzeuge mit dieser modernen Technologie sieht
Wallentowitz in der mangelnden Akzeptanz der Systeme
durch die Pkw-Benutzer. Die Menschen fühlten sich durch
die neuen Systeme bevormundet, so der Wissenschaftler.
Neben der Entwicklung von diesen «aktiven
Sicherheitssystemen» wird auch an der «passiven
Sicherheit» der Autos gearbeitet. Passive
Sicherheitssysteme tragen zur Schadensbegrenzung bei,
wenn es denn doch mal zu einem Verkehrsunfall kommt. Der
Airbag ist ein Beispiel für ein derartiges System, dass
sich schon lange etabliert hat.
In absehbarer Zeit, so Wallentowitz, wird man Motorhauben
mit einem Belag aus Leichtmetall bauen, die abheben, wenn
es zur Kollision mit einem Fußgänger kommen sollte. Der
Aufprall werde so abgefedert - der Fußgänger könnte
nahezu verletzungsfrei bleiben.
An die Menschen hat Wallentowitz vor allem eine
Botschaft: «Die neue Fahrzeugtechnologie dient vor allem
der Unfallvermeidung - sie steht nicht im Wiederspruch
zur Freude am Fahren.» Der Vortrag fand im Rahmen der
Veranstaltungsreihe «Uni im Rathaus» statt."
Dieser Artikel macht wieder einmal sehr
schön die Bedrohung menschlicher Fähigkeiten durch bald
ebenbürtige Computersysteme deutlich. Da mag der private
Autofahrer so viel Spaß am Fahren haben wie er will, der
wirtschaftliche Druck wird irgendwann einmal auf
LKW-Fahrer wirken und diese durch die oben angedeuteten
Roboter ersetzen.
Typisch ist auch die entschuldigende
Rechtfertigung für eine Beschäftigung mit potentiellen
Menschenverdrängertechnologien; ein Phänomen was zur
Zeit besonders deutlich in der Ethik bezüglich
Gentechnik hervortritt: Erlaubt ist, was dem Menschen
nützt. Was in der Medizin vielleicht Krankheiten zu
vermeiden oder heilen hilft, wird in dem Artikel über
Autos von dem Hinweis auf die Erhöhung der Sicherheit im
Straßenverkehr geleistet.
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