Die Mystik des Bewusstseins |
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Denn eben wo Begriffe fehlen, |
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| Bewusstsein ist uns dermassen vertraut und alltäglich, dass es schwerfällt, es zu beschreiben oder zu definieren. Eine allgemeingültige Definition scheint es nicht zu geben. Ich möchte zunächst einfach einige Eigenschaften von Bewusstsein beschreiben, ohne den Versuch einer definitorischen Eingrenzung zu unternehmen: | ||
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| Bewusstsein scheint also unter anderem Neuartiges, Schmerzliches, Bedrohliches, Emotionsbehaftetes, Ungewöhnliches und Bewegtes zu begleiten. In unserem Unterbewusstsein werden ständig parallel zig Vorgänge bearbeitet die sicherlich ähnlich komplex und wichtig sind wie das momentan bewusst Erlebte. Wie aber wird entschieden, was von uns zu einem bestimmten Zeitpunkt bewusst erlebt werden soll und was im Unbewussten weiterverfolgt werden soll? Wer entscheidet, ob zuerst ein ungewöhnliches Auto im Verkehr bewusst wahrgenommen werden sollte oder eher ein für uns sehr interessantes Stichwort aus dem leise laufenden Autoradio? Ist es unser Ich das die Entscheidung trifft oder bildet das Bewusstsein bloß materielle Prozesse im Gehirn ab? |
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| Können wir Bewusstsein steuern? Machen wir dazu zwei Gedankenexperimente: | ||
| Für den ersten Versuch stelle man sich das Folgende vor: An jeder Tasse in unserem Haushalt wird man sich in Zukunft bei Berührung einen kräftigen Stromschlag holen. Kurz auf den Stromschlag wird zudem noch eine Hand aus der Tasse fahren und uns eine gehörige Ohrfeige verpassen. Dann verschwindet die Hand wieder in die Tasse. Wenn wir Bewusstsein frei steuern können, müsste es uns ohne weiteres gelingen, diese sehr absurde und unzweckmässige Vorstellung vollständig zu unterdrücken. Kein einziges mal wenn wir in unserem Haushalt eine Tasse anfassen, sollten wir durch diese Vorstellung belästigt werden. Gelingt uns das tatsächlich? | ||
| Der zweite Versuch zielt genau auf das Gegenteil ab: Nicht etwas aus dem Bewusstsein zu verdrängen, sondern etwas im Bewusstsein zu halten ist nun das Zielt. Am besten legt man sich dazu gemütlich ins Bett oder setzt sich auf seinen Lieblingssessel und schliesst die Augen. Stellen wir uns dann eine Situation vom ersten Tag unseres letzten Urlaubes vor. Eine solche Vorstellung könnte zum Beispiel das Schleppen schwerer Koffer auf einem Flughafen oder ein Stau auf der Autobahn sein. Ist es uns möglich, diese Vorstellung für eine halbe Stunde im Bewusstsein zu halten? Oder wird es irgendwelchen Gedanken und Bildern gelingen, uns abzulenken. Falls dem so ist, sollte man sich gleich die Frage stellen, woher diese Gedanken und Bilder kommen und warum und nach welchen Kriterien gerade diese ins Bewusstsein eindringen konnten. | ||
| Man sollte hier mit dem Lesen einen Moment innehalten und die beschriebenen Eigenschaften von Bewusstsein revue passieren lassen und gegebenenfalls um eigene Erfahrungen ergänzen. Alsdann sollte man versuchen in wenigen Worten zusammenzufassen was Bewusstsein ist beziehungsweise woran es geknüpft zu sein scheint. Dabei ist jede Aufzählung zuvermeiden. Abschliessend könnte man seine Antworten durch weiterführende Fragen testen wie zum Beispiel: | ||
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Libet will gezeigt haben, dass Bewusstsein eine direkte Folge - und nicht Ursache - von neuronalen Erregungsmustern ist. Norretranders beschreibt dazu ausführlich entsprechend Experimente. |
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| These: Bewusstsein taucht dort auf, wo ein jenseitiger Beobachter und Manipulator viel sinnvolle Information für seine Zwecke erhofft. | ||
| Je mehr man sich mit diesem Thema beschäftigt, desto mysteriöser kann es einem erscheinen. Persönlich stehe ich auf dem Standpunkt, dass unsere Welt auch ohne Bewusstsein so funktionieren würde wie sie es tut. Sie würde sich äusserlich nicht oder kaum unterscheiden. Bewusstsein ist für mich der Ausdruck eines jenseitigen Beobachters, der ständig quasi on-line entscheidet was ihn an uns interessiert und darauf seine Aufmerksamkeit lenkt. Seine Aufmerksamtkeit ist das was wir als Bewusstsein empfinden. Er hat die Möglichkeit unser Tun geringfügig zu beeinflussen und betrachtet jeweils das, was aus seiner Warte am wichtigsten bezüglich seiner Einflussnahme ist. Wahrscheinlich hat der jenseitige Wille grob und vorab definiert an welche Prozesse oder Konstellationen von Materie im Diesseits das Bewusstsein quasi automatisch angeheftet werden soll. | Meister Eckehart über den Seelengrund:
eine mystische Deutung von Bewusstsein
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| Die vom Bewusstsein dann eingefangene Information wird dem jenseitigen Willen dann ebenfalls automatisch zugespielt. Wahrscheinlich ist das Bewusstsein in uns Menschen an Dinge geknüpft, die für die Verbreitung von unseren Genen wichtig sind, also an Dinge, die über evolutive Prozesse herausselektiert worden sind. Wahrscheinlich sind es gerade diese Dinge, die dem jenseitigen Willen besonders viel über das Diesseits verraten (siehe dazu auch das Kapitel zur Aussagekraft und dem Auge des Bewusstseins). | ||
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Abschliessen möchte ich dieses Kapitel mit einem Sinnbild:
Man stelle sich eine turbulente Schlacht im zweiten
Weltkrieg vor. Panzerverbände werden gegeneinander
eingesetzt, Flugzeuge sollen die Bodentruppen
unterstützen, die Marine soll Küstenabschnitte
kontrollieren um eine mögliche Evakuierung von Truppen
entweder zu ermöglichen oder zu vereiteln. Infanterie
soll den Panzerverbänden folgen. Die Schlacht dauert
mehrere Tage, umfasst einige 100.000 Personen und
erstreckt sich über Entfernungen von mehreren hundert
Kilometern. Ein General wurde nun mit der Führung
mehrerer Divisionen beauftragt und muss inmitten des
Schlachtengetümmels von Sekunde zu Sekunde zum Wohle des
Ganzen entscheiden. Entweder Eroberungen vorantreiben
oder einen möglichst günstigen Rückzug umsetzen ist
die Devise. Die Lage ist unübersichtlich. Man weiss
nichts genaues über die Pläne verbündeter
ausländischer Verbände, man weiss nicht genau in
welcher Stärke der Feind operiert. Man weiss noch nicht
einmal auf 100 Kilometer genau wo der Feind steht. Man
hat keine verlässlichen Wettervorhersagen zur Planung
von Operationen an der Küste und in der Luft. Trotzdem
müssen ständig Entscheidungen gefällt werden. Der
General ist dazu von einem Stab von Beratern umgeben und
steht ständig mit den ausführenden Offizieren in
Kontakt. Um die Schlacht möglichst günstig zu lenken,
müssen seine Entscheidungen auf der richtigen
Information beruhen. Und um diese zu bekommen, muss er
seine Aufmerksamkeit sehr gezielt auf die wenigen
relevanten der vielen möglichen Informationsquellen
richten. Leitet er beispielsweise eine zeitlich eng
begrenzte Besprechung, muss er entscheiden ob ein gerade
von der Front eingetroffener Offizier etwas über die
aktuelle Lage in seinem Abschnitt erzählen soll, oder ob
alternativ ein Stabsoffizier Erkenntnisse über die
Nachschublogistik darlegen sollte. Ähnliche
Entscheidungen wird er ständig in Abhängigkeit seiner
momentanen Zielsetzungen zu treffen haben. Um sich etwas
zu entlasten hat der General vielleicht einige Abläufe
automatisiert. Vielleicht werden ihm zu bestimmten Zeiten
bestimmte Berechnungen oder Berichte vorgelegt und bei
bestimmten Ereignissen erstatten ihm automatisch
bestimmte Offiziere Bericht. Eine genauso
charakterisierte Situation wird in dem Tagebau eines
englischen Offiziers beschrieben, nämlich die Invasion Belgiens und Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht sowie die
Evakuierung von Dünkirchen 1940. |
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| So glaube ich funktioniert unser Bewusstsein. Ein General aus dem Jenseits versucht uns ähnlich zu steuern wie eine Armee. Was wir als Bewusstsein empfinden sind die Berichte aus dem Diesseits die ihn im Jenseits erreichen. | ||
| Abschliessen möchte ich diese Überlegung mit einem Zitat aus einem Buch mit dem Untertitel "Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Physik" des Physikers Roger Penrose: | ||
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Literatur zur Mystik des Bewusstseins Goller, H.: Geist ist mehr als Gehirn - Das Rätsel des bewussten Erlebens in materialistischer und funktionalistischer Deutung. In: Stimmen der Zeit 219, Dezember 2001, Heft 12 (Jesuitisches Magazin). Chalmers, D.: Das Rätsel des bewußten Erlebens. In: Spektrum der Wissenschaft, Februar 1996 Horgan, J.: Ist das Bewußtsein erklärbar? In: Spektrum der Wissenschaft, September 1994 |
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